A Agile Entwicklung ist im Kern keine Methode, keine Technik und auch kein Framework. Sie ist eine Denkweise! Diese Denkweise
manifestiert sich im Agilen Manifest. Der Artikel untersucht die Bedeutung des Manifests für und die Auswirkungen auf
das Management. Weiterhin wollen wir zeigen, dass die Werte und Prinzipien des Agilen Manifests weit mehr sind als nur
gesunder Menschenverstand für Softwareentwickler.
Die Bedeutung des Agilen Manifests für
Entwicklungsteams ist mittlerweile hinreichend klar, denn die Auswirkungen auf Teams werden immer besser verstanden und die dahinterstehende neue Denkweise wird
weltweit in vielen Vorhaben sehr erfolgreich gelebt. Eine agile Transition
ist jedoch nicht nur eine weitere Prozessänderung, die oftmals allenfalls die IT betrifft und die womöglich auch noch delegiert werden kann. Das wahre Potenzial des agilen Vorgehens entfaltet sich erst dann richtig, wenn die agile Denkweise die ganze Organisation erfasst, insbesondere das Management.

Hier sollen exemplarisch ein paar Prinzipien, die hinter dem Manifest stehen, beleuchtet werden.

Prinzip 1

Das erste Prinzip definiert das Ziel für Organisationen auf ihrem Weg in die Agilität. Das Ziel ist es, dem Kunden etwas für ihn Wertvolles zu liefern – das ist eine klare Anforderung. Um zu wissen, was für den Kunden wirklich wertvoll ist, ist dessen Feedback nötig. Frühes und kontinuierliches Liefern führt zu frühem und regelmäßigem Feedback. Die wertvolle Software entsteht aus den 20 Prozent der Anforderungen, die 80 Prozent des Wertes liefern. Nämlich aus den Anforderungen, die den Kunden am
meisten begeistern.
Es liegt in der Verantwortung des Managements, die Ziele der eigenen Organisation mit den Wünschen der Kunden und dem Wert, der an die Kunden geliefert werden soll, in Einklang zu bringen.
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Prinzip 2

Die Welt dreht sich gefühlt immer schneller. Langfristige Planung mag einen in Sicherheit wiegen, bringt aber nicht die notwendige Flexibilität, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wenn auf Änderungen schneller als die Konkurrenz reagiert werden kann, dann
wurde der Wandel zu einem Wettbewerbsvorteil. Es ist effektiver, Änderungen zu erleichtern, als zu versuchen, sie zu verhindern. Aber agil ist keine Entschuldigung für unorganisiertes Vorgehen! Wenn zum Beispiel das Management ohne Rücksprache entscheidet, neue und unbekannte Anforderungen sofort umsetzen zu lassen, führt das ins Chaos. Die Teams sollten
das zurückweisen dürfen, und darauf bestehen können, dass erst Gespräche über diese neuen Anforderungen stattfinden. Das Management muss die Balance zwischen Chaos und Bürokratie, zwischen dem Abgeben von Verantwortung an Teams und
dem Zusammenhalten des Ganzen halten.
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Prinzip 3

Das dritte Prinzip adressiert das schnelle Liefern und damit die Möglichkeit, schneller am Markt zu sein. Funktionierende Ergebnisse
schnell zu präsentieren bzw. zu liefern, ist technisch und organisatorisch
schwierig, aber kritisch für den
Erfolg eines Unternehmens in dynamischen Märkten. Auch wenn ein Team darin nicht gut ist, bringt es sehr viel, zu wissen, warum dies so ist. Es geht auch nicht nur um agile
Teams, sondern um eine komplette
agile Organisation – es geht um die
Lieferung, nicht nur um die Entwicklung. Das Management ist dafür verantwortlich, die notwendigen organisatorischen Änderungen
durchzuführen, um eine schnelle
Lieferung zu ermöglichen.

Prinzip 4

Das vierte Prinzip ist glasklar formuliert:
Die tägliche Kommunikation zwischen Fachexperten ist essenziell. Probleme bei dieser Kommunikation sind der Hauptgrund für nicht erfolgreiche Projekte und ebenso für Probleme bei agilem Vorgehen. Es ist Aufgabe des Managements, diese kontinuierliche Kommunikation zu fordern und zu
unterstützen.

Prinzip 5

Was motiviert Wissensarbeiter? Dan Pink nennt drei notwendige Dinge, damit Menschen intrinsisch motiviert sind
Autonomy: Mitarbeiter dürfen
weitgehend selbst bestimmen,
wie sie ihre Arbeit erledigen.
Mastery: Mitarbeiter müssen
die Möglichkeit haben zu lernen,
um ihre Arbeit zu meistern
und an ihr zu wachsen.
Purpose: Mitarbeiter müssen
Sinn und Zweck ihrer Arbeit
verstehen und unterstützen.
Den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg machen die Mitarbeiter.
Das Management muss dafür sorgen,
dass die Mitarbeiter Zeit haben zu denken, zu planen, zu lernen, Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen und die Kunden besser kennenzulernen. Das mittlere
Management muss als „Servant Leaders“ dafür sorgen, dass die Teams die Umgebung und die Unterstützung haben, die sie für ihre Arbeit brauchen. Das Topmanagement muss Enabler sein, es muss dem mittleren Management ermöglichen, unterstützend zu führen.
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Prinzip 6

Das sechste Prinzip definiert den Goldstandard der Kommunikation. Die informationsreichste Art der Kommunikation ist das Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Die
Prinzipien #4 (Häufigkeit der Kommunikation) und #6 (Qualität der Kommunikation) können zu einem tiefen Verstehen dessen, was gemeinsam entwickeln werden soll, und damit zum Erfolg führen.

Prinzip 7

Es liegt in der Natur des Menschen, zu versuchen, alles zu messen. Dummerweise wird das, was gemessen wird, meistens auch gemacht. Die wirklich wichtigen Dinge können aber nicht gemessen werden, da sie zu komplex sind. Alle an einem Vorhaben Beteiligten brauchen eine gemeinsame Sprache, um über den Fortschritt ihrer Bemühungen zu sprechen. Das siebte Prinzip definiert das Produkt als diese gemeinsame Sprache und eben nicht Zahlen („80 Prozent der Spezifikation sind fertig“, „das Design ist zu 90 Prozent fertig“ usw.).

Prinzip 8

Für ein erfolgreiches agiles Vorgehen ist Nachhaltigkeit wichtig. Es ist nicht agil, nur die drei Seiten des eisernen Dreiecks („Scope, Cost und Time“) zu berücksichtigen und die Qualität zu ignorieren. Wenn Geschwindigkeit über Qualität gestellt wird, erhöht sich die (technische) Schuld. Agil erweitert das Dreieck und verankert die Qualität als nicht verhandelbar im goldenen Viereck. Um „indefinitely constant pace“ erreichen zu können, müssen Praktiken ähnlich wie automatisiertes Testen und Continuous Integration gemeistert werden. Es müssen
die Fähigkeiten für nachhaltige Entwicklung (hier nicht im Sinne von Softwareentwicklung) aufgebaut und gepflegt werden. Die Organisation und das Management müssen hierfür den Weg ebnen.
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